Website-Icon International Journalists

Die ukrainische Journalistin Efrosinina: Schweigen ist Verrat

Ukrainischer Superstar und Journalistin Masha Efrosinina, die nach dem Krieg in ihrem Land nach Deutschland geflüchtet ist, hat dem Journalist Post Chefredakteur, Yüksel Durgut, von ihren Erfahrungen erzählt. In der 5. Ausgabe von Journalist Post, bewertete Efrosinina den russischen Angriffskrieg aus der Perspektive einer Mutter, einer Ehefrau und einer Journalistin. Unter anderem ging es auch um den Prozess des Asyls in Deutschland.

Masha Efrosinina ist ein Superstar in der Ukraine. Die 43-jährige Journalistin ist eine der bekanntesten Fernsehmoderatorinnen in ihrem Land. Sie hat Millionen von FollowerInnen in den sozialen Medien. Die von ihr veröffentlichten Nachrichten erreichen ein großes Publikum. Efrosinina spielte in 20 verschiedenen Fernsehsendungen, einem Theaterstück und fünf Filmen mit und moderierte den 50. Eurovision Song Contest vor 150 Millionen europäischen FernsehzuschauerInnen in Kiew. Sie besitzt ihre eigene Modemarke und ist die erste weibliche UN- Sonderbotschafterin in der Ukraine.

Sie ist nicht nur in ihrem Beruf, sondern auch in der Welt des Ruhmes aufgestiegen, so ist sie beispielsweise das begehrte Gesicht der Modezeitschrift Elle. Auch Efrosinina’s Familienmitglieder sind einflussreiche Persönlichkeiten in der Ukraine. Ihr Ehemann Timur Khromayev ist ein ehemaliger Minister, und ihre Schwester ist die Ehefrau des ehemaligen Präsidenten Viktor Yushchenko.

Wir trafen sie in München, Deutschland, wo sie um Asyl suchen musste. Unser Gespräch mit Masha fand in einer emotionalen Atmosphäre statt. Sie ist mit ihrem Sohn und ihrer Tochter nach Deutschland geflüchtet. Ihre Augen füllten sich jedes Mal mit Tränen, wenn sie von ihrem Ehemann, den sie zurückgelassen hatte, ihrem luxuriösen Leben, ihrer journalistischen Karriere und ihrer Popularität erzählte. Wir sprachen mit Mascha Efrosinina über geplatzte Träume und Pläne für das Leben im Exil.

Die erste Schockwelle des Krieges ist vorbei. Was hat sich in der Ukraine in dieser Zeit verändert? Wie ist die Situation jetzt?

Das ist eine schwierige Frage, die sich nicht so schnell beantworten lässt. Meine Sichtweise hat sich im Laufe der Zeit sehr verändert. In den ersten Tagen des Krieges war ich in einer gemischten Stimmung. Wir erlebten Emotionen, mit denen wir nur schwer leben konnten und die wir nie gekannt hatten. Ich hätte nie gedacht, dass Menschen so viel Hass empfinden können. In der ukrainischen Bevölkerung machten sich Panik, Angst und Anspannung breit, weil sie mit den Ereignissen nicht gerechnet hatten. Die Erwartung der Menschen, dass in der Ukraine nichts passieren würde, war sehr stark.

Ich erinnere mich an die Tage, als der Krieg in aller Munde war. Können Sie sich vorstellen, dass kurz zuvor Panzer in Kiew einfuhren? ,,Das ist ein Witz. Das ist eine Stadt mit 5 Millionen Einwohnern, können da wirklich Panzer reinkommen?”, fragten wir uns gegenseitig. Als ob nichts geschehen wäre, habe ich meine Fernsehsendungen fortgesetzt und meine Kinder sind zur Schule gegangen. Unsere Stimmung hat sich nicht auf einmal verändert, vielleicht waren wir nur ein wenig ruhiger als vorher. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm. Aber diese Stille endete um fünf Uhr morgens mit dem Geräusch von Explosionen.

Wie haben sich die Explosionsgeräusche inmitten der Schlacht auf Sie ausgewirkt?

Im November erhielten wir die Nachricht, dass russische Truppen an der Grenze angekommen waren. Dies war das erste Geräusch von Schritten des Krieges. Die Themen, die bei den Treffen der Freunde besprochen wurden, änderten sich. Die Männer begannen, über den Krieg zu sprechen. Ich hatte zu dieser Zeit viel zu tun mit den Neujahrsveranstaltungen. Ich hatte einen Job, bei dem ich viel reisen musste. Ich hatte viel mit meinen Konferenzen, Filmaufnahmen und mit meinen Fans zu tun. Wir hatten eine Menge neuer Inhalte für meinen Youtube-Kanal geplant. Es gab keine Veranstaltung, die wir im Januar nicht besucht haben, keine Stadt, in der wir nicht waren.

Hatten Sie schon einmal einen schrecklichen Traum? Wenn man aus einem schlechten Traum aufwacht, fragt man sich, ob man noch träumt. So habe ich mich in diesem Moment gefühlt. Man kommt aus diesem Albtraum nicht mehr heraus und wird die Wirkung lange nicht los. Wenn man aus einem Alptraum mit Explosionsgeräuschen aufwacht, merkt man, dass man nicht im Traum ist. Aber Sie wünschen sich, dass das, was passiert ist, ein Traum war. Man kann es nicht mit dem Verstand, nicht mit dem Herzen begreifen. Man kann es viel tiefer spüren. Das ist ein Gefühl, dass alles vorbei ist, aber es gibt wenig Hoffnung, dass es besser wird. Aber das Ende meiner Hoffnungen ist gekommen.

Unsere neue Realität begann im Februar. Unser Haus begann sich zu füllen. Unsere Freunde kamen zu Besuch. Mein Mann bat mich, Bekannte anzurufen, die im Ostteil der Stadt wohnen. Er dachte, sie wären bei uns in Sicherheit.

Mein Telefon klingelte ständig. Alle Fernsehsender wollten live senden. Ich wusste nicht, was ich während der Übertragungen sagen sollte, ich konnte nur weinen und sagen, dass ich Angst hatte. Ich konnte in den Fernsehübertragungen sehen, wie entsetzt meine Kollegen waren. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, was danach passierte.

Auch während des heißen Krieges haben Sie weiter als Journalistin gearbeitet. Und jetzt sind Sie ein Flüchtling in Deutschland. Wie geht es Mascha jetzt? Was macht sie?

Ich habe das Gefühl, dass die friedliche Mascha in einem dunklen Loch steckengeblieben ist und hilflos weint. Denn bei allem, was ich in meiner journalistischen Laufbahn getan habe, bei meinen Interviews, in meinem Leben, in meinen Beziehungen, standen meine Gefühle immer im Vordergrund. Menschen, die mich kennen, wissen, dass ich emotional bin. Aber ich weiß nicht, wie ich es im Moment erklären soll, aber jetzt bin ich ein lebender Toter. Alle meine Emotionen waren auf einmal wie gelähmt, und es war, als wäre ich in einer tiefen Grube verschwunden…

(…)

Das komplette Interview können Sie sich kostenlos in der 5. Ausgabe des Journalist Post Magazins ansehen, S. 42-45:

https://ijaev.org/de/journalist-post/

Die mobile Version verlassen