Es wäre weder falsch noch übertrieben zu sagen, dass die pakistanischen Medien aktuell eine parallele Freiheit genießen. Es besteht kein Zweifel, dass pakistanische Journalist:innen und Medien die Freiheit und Unabhängigkeit haben, zu sprechen oder zu schreiben, was sie möchten. Man mag sich wundern, dass ich sage „was sie möchten“.
Wenn es auch umstrittenen Journalist:innen möglich ist, Informationen zu verbreiten, sei es in den Mainstream-Medien, in den Printmedien, in den sozialen oder digitalen Medien, sehen sie sich in ihrer Arbeit immer noch einer Reihe von Hindernissen und Hürden gegenüber.
Das jüngste Beispiel ist die vorgeschlagene Gesetzesänderung durch eine Verordnung mit der Bezeichnung „Prevention of Electronic Crimes Act (PECA) 2016“, die das Teilen von verleumderischen und gefälschten Inhalten in sozialen Medien unter Strafe stellt.
Das neue Gesetz gibt den Strafverfolgungsbehörden oder der Abteilung für Cyberkriminalität die Möglichkeit, eine Person, der vorgeworfen wird, beleidigende, vulgäre und verleumderische Äußerungen im Internet oder in sozialen Medien gemacht oder gepostet zu haben, ohne Haftbefehl festzusetzen. Ein Freikommen auf Kaution ist nicht möglich.
Das neue Gesetz wurde von allen Medienorganisationen als „Knebelung, Strangulierung und Unterdrückung der Pressefreiheit“ verurteilt. Sogar die politischen Oppositionsparteien haben sich dem Protest angeschlossen. Die vorgeschlagene Ände- rung wurde bereits vor den Obersten Gerichten angefochten, wo eine einstweilige Verfügung erlassen wurde, die Verhaftungen verhindert. Der oberste pakistanische Justizbeamte, der Generalstaatsanwalt Pakistans, hat selbst vor Gericht gesagt, das vorgeschlagene Gesetz sei „drakonisch“.
Pakistanische Journalist:innen und Medienorganisationen haben bereits ernsthafte Bedenken gegen die vorgeschlagene Änderung geäußert, da sie weithin als Instrument angesehen wird, um Kritiker der Regierung zum Schweigen zu bringen.
Die pakistanische Regierung weist diese Beobachtungen und Vorbehalte zurück. Die jüngste Kontroverse entstand, als ein Journalist in einer Live-Sendung im Fernsehen einige anstößige Bemerkungen über die Ehefrau von Premierminister Imran Khan und einen Minister machte.
Ich glaube an einen objektiven Journalismus, der in den Korridoren der Macht die Stimme für jemanden erhebt, dem Unrecht widerfahren ist. Gesponserter Journalismus, der die Interessenvertreter schützt oder ihre Verbrechen deckt, fällt nicht unter die Pressefreiheit. Irreführende, unbegründete Berichte oder Sendungen tragen in keiner Weise zu einem gesunden Wachstum sozialer Werte bei. Journalist:innen sind wie Leuchttürme, die das im Dunkeln Verborgene ans Licht bringen.
Ungezügelte Kritik um der Kritik willen ist kein verantwortungsvoller Journalismus. Als vierte Gewalt im Staat haben die Medien die heilige Pflicht, die Missstände, die Korruption und die Untaten der aktuellen Regierung und der Institutionen aufzuzeigen, um den Menschen eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Nach der vorgeschlagenen Gesetzesänderung wird die Gefängnisstrafe für die Verleumdung von Personen oder Institutionen in sozialen Medien, einschließ- lich der Justiz und der Armee, von zwei auf fünf Jahre erhöht. Die Gerichte sind verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten über die Fälle zu entscheiden, und die Straftat ist nicht kautionsfähig.
Gespräche mit der Regierung über die Mediengesetzgebung wurden ausgesetzt, bis die drakonischen Änderungen des Gesetzes zur Verhinderung von elektroni- scher Kriminalität (PECA) rückgängig gemacht werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Ausschus- ses der pakistanischen Medienorganisationen.
Dem Joint Action Committee (JAC) gehören die All Pakistan Newspapers Society (APNS), der Council of Pakistan Newspaper Editors (CPNE), die Pakistan Federal Union of Journalists (PFUJ), die Pakistan Broadcasters Association (PBA) und die Association of Electronic Media Editors and News Directors (AEMEND) an.
In der gemeinsamen Erklärung heißt es, es gebe eine Reihe von Beispielen, in denen das Informationsministerium die Meinungsfreiheit einschränke, Journalist:innen mundtot mache und die Medien finanziell lähme, um Einfluss auf die Berichterstattung auszuüben.
Die Pressefreiheit in Pakistan wurde in den letzten drei Jahren nicht nur durch Einschränkungen, sondern auch durch starken finanziellen Druck beschädigt. Medieneigentümer ordneten Stellenabbau an. Finanzielle Zwänge sind bis zu einem gewissen Grad ein Grund dafür. Die Medieneigentümer haben durch staatliche Anzeigen und Investitionen in andere private Unternehmen Milliarden verdient – auf Kosten der Gehälter, die monatelang nicht gezahlt wurden. Auch die Corona-Pandemie ist ein Faktor. Tausende von Journalist:innen wurden arbeitslos. Hungrige Journalist:innen können nicht für die Pressefreiheit kämpfen.
In der Zwischenzeit wurde die kürzlich verabschiedete PECA-Verordnung 2022 vor den Obersten Gerichten in Lahore und Islamabad angefochten. In den Petitionen wurde beklagt, die Verordnung verstoße nicht nur gegen die Urteile des Obersten Gerichtshofs, sondern auch gegen die pakistanische Verfassung.
Das Motiv für den Erlass der angefochtenen Verord- nung sei ein direkter Angriff auf die Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter der Verfassungsgerichtsbarkeit, so die Petition.
In der Vergangenheit wurden mehreren Journalist:innen in Pakistan ihre Arbeit untersagt, einige von ihnen kamen bei verschiedenen Vorfällen aus unbekannten Gründen ums Leben. In Pakistan wurden seit 1990 138 Journalist:innen getötet, hauptsächlich weil sie Korruption aufgedeckt hatten.
Früher wurden Journalist:innen vor allem in Konfliktgebieten getötet, doch in den letzten Jahren werden sie immer häufiger umgebracht, weil sie Korruption, die Zurückhaltung von Tatsachen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der Umwelt sowie viele andere Arten von Fehlverhalten der Machthaber aufgedeckt haben. Außerdem erhalten sie Todesdrohungen, werden eingeschüchtert, schikaniert und anderweitig unter Druck gesetzt, um sie zur Aufgabe ihrer investigativen Berichterstattung zu bewegen. Es gibt viele subtile Methoden, um Journalist:innen zu zwingen aufzugeben. Journalist:innen werden von einflussreichen Personen ungestraft umgebracht, berichtete die Express Tribune in ihrem Leitartikel vom 6. November 2021.
Insgesamt betrachtet ist es jedoch um die Presse- und Meinungsfreiheit in Pakistan weitaus besser bestellt als in anderen Ländern in der Region, einschließlich Indien.
* Ich verfüge über mehr als zwanzig Jahre Praxiserfahrung als Journalist in Pakistan. Ich war bei verschiedenen Nachrichtensendern tätig, darunter Aaj TV, Dunya TV, Bol Network und Samaa TV. Zudem arbeitete ich als Moderator bei der Pakistan Broadcasting Corporation (PBC). Zu Beginn meiner Karriere arbeitete ich auch als Sub-Editor bei Online News Network. Ich habe auch Vlogs und Wirtschaftsrepor- tagen für die Plattform Samaa Digital verfasst. Außerdem arbeitete ich als freiberuflicher Journalist für den britischen Fernsehsender Channel 4 und für NBC America.