Medien und Justiz im Tenkil-Prozess
Bei der Veranstaltung des Tenkil-Museums im berühmten Frankfurter Gestapo-Gefängnis stieß die Podiumsdiskussion zum Thema „Justiz und Medien in der Tenkil-Katastrophe“ unter dem Vorsitz eines weiteren Exil-Journalisten, Yüksel Durgut, mit dem Exil-Journalisten Cevheri Güven und dem Anwalt der Folteropfer, Mustafa Özmen, als Referenten auf großes Interesse.
Das erlebte Leid muss erzählt und aufgezeichnet werden
Cevheri Güven, einer der Journalisten, der einst wegen seiner Berichterstattung inhaftiert war, bewertete den Tenkil-Prozess, die Schwierigkeiten, die er und seine Familie durchmachten, die aktuelle Situation der türkischen Medien, Rechtsverletzungen gegen Journalist*innen und den Journalismus im Exil.
Güven betonte, dass die türkischen Medien fast vollständig unter der Kontrolle des Erdoğan-Regimes stehen, und sagte, dass die mehr als zweihundert Exiljournalist*innen eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung des demokratischen Klimas in der Türkei spielen müssen.
Cevheri Güven wies auch darauf hin, dass das, was den Kurden und Aleviten in den ersten Jahren der Republik angetan wurde, mit dem Tenkil-Prozess nach dem 15. Juli fortgesetzt wird, und betonte, dass Folter und Verfolgung aufgezeichnet und eindringlich erzählt werden müssen. Güven kritisierte auch die jüngste Zunahme der Verhaftungen von Journalist*innen.
Ich wäre im Gefängnis fast gestorben
Der Moderator der Podiumsdiskussion, Yüksel Durgut, Koordinator für Auslandsbeziehungen der International Journalists Association e.V., sprach über seine Erfahrungen während des Tenkil-Prozesses und seiner Inhaftierung. Der Journalist Durgut erklärte, er habe sich im Gefängnis einer Bypass-Operation unterziehen müssen, sei aber aufgrund der ungünstigen Bedingungen und der unmenschlichen Behandlung in Lebensgefahr gewesen:
„Sie haben uns über Nacht zu Terroristen erklärt. Der Staatsanwalt hat vor Gericht keine Fragen über mich gestellt. Der Prozess war so kurz, dass selbst der 15-jährige Polizist neben mir überrascht war. Ich hatte eine Bypass-Operation. Sie nahmen mir sogar das Kissen weg, das ich mir auf die Brust drückte, damit meine Nähte beim Husten nicht platzen würden. Während des Prozesses wurde sogar mein Haus, das ich von TOKİ gekauft hatte, beschlagnahmt. Trotzdem ging ich hin und zahlte die letzte Rate.
Kinder von Peinigern werden aus Gründen der Scham ihren Nachnamen ändern
Auch der Rechtsanwalt Mustafa Özmen meldete sich auf dem Podium zu Wort. Nach dem 15. Juli wurde er in einem schwarzen Transporter verschleppt und monatelang gefoltert:
„Ich wurde von der Polizei in einen Kastenwagen geworfen, sie stülpten mir einen Sack über den Kopf. Sie fingen an, mich zu treten und zu ohrfeigen. Sie brachten mich an einen Ort namens Çiftlik in Ankara, den auch der Journalist Cevheri Güven in seinen Veröffentlichungen erwähnte. Ich wurde 92 Tage lang in einem 3 Quadratmeter großen Raum festgehalten. Sie schlugen mir die Zähne ein, verpassten mir Elektroschocks, traten mich und schlugen mich. Diejenigen, die mich folterten, beschimpften meine Frau sehr oft. Denn meine Frau versuchte alles, um mich zu retten. Während ich gefoltert wurde, ließ meine Frau keinen Ort und keine Tür unangetastet. Das hat sie sehr beunruhigt. Die Folterer wollten nicht, dass man das hört und erzählt. Deshalb sollten wir die Folter so weit wie möglich publik machen. Ihre größte Angst ist, dass ihre Folterungen eines Tages aufgedeckt werden. Diejenigen, die mich gefoltert haben, werden vor dem Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden. Sogar ihre Kinder werden ihre Nachnamen ändern. Diese Kinder werden sich für ihre Väter schämen. Der Leiter des Geheimdienstes im Kosovo wurde vor Gericht gestellt und verurteilt. Auch die Verantwortlichen in der Türkei werden vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden“.